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AutorenbildOli Kipfer

Heimunterricht bei Schüler*innen (und Kindern) – das musst du wissen als Musiklehrer*in

Aktualisiert: 17. Aug. 2022

Wenn du kein eigenes Musikstudio einrichten möchtest oder Eltern und Schüler*innen eine Alternative anbieten möchtest, kannst du deine Dienste auch im Heimunterricht bei den Schüler*innen anbieten. Dabei gibt es allerdings ein paar Dinge zu beachten.

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Heimunterricht für Musikschüler*innen - die persönlichste Form von Musikunterricht

Tipps und Tricks

Heimunterricht bedeutet, dass du deinen Unterricht im Haushalt deine*r Schüler*in stattfinden lässt. Damit ziehst du automatisch eine eher zahlungskräftigere Klientel an. Denn dass du unter Umständen längere Wege zurücklegen musst als zu deinem eigenen Studio, lässt du dir natürlich bezahlen. Das müssen keine Unsummen sein, aber solche Sachen wie Sprit und zeitlichen Mehraufwand musst du einfach einkalkulieren, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Lege das direkt im Vertrag fest, denn dadurch ersparst du dir später Diskussionen. Überlege dir, wo dein Zielpublikum unterwegs ist und dann mache dich dort bekannt.

Dos und Don‘ts

Auch im Heimunterricht sollte eine professionelle Atmosphäre herrschen. Dazu gehört vor allen Dingen der Raum. Übertrieben gesprochen sollte der Unterricht weder in der Küche noch im Badezimmer stattfinden. Das mag dir jetzt erst einmal übertrieben vorkommen, dass das hier erwähnt wird. Aber vielleicht empfindet eine Familie gerade die Küche als gar nicht so unpassend, weil hier eh viel Leben stattfindet. Das mag sogar richtig sein, passt aber eben nicht zum Thema Musikunterricht. Dein Unterricht ist auch kein Privatkonzert. Du solltest wirklich unterrichten können und nicht mit Tante, Onkel und Grosseltern diskutieren, wie ihr am besten vorgehen solltet oder sogar technische Aspekte besprechen.


Ausserdem sollte der Unterricht auch sonst recht ungestört stattfinden können. Die Eltern oder dein*e Schüler*in bezahlt für Unterricht und nicht für tausend Störungen. Gerade beim Heimunterricht solltest du direkt von Anfang an einen professionellen Rahmen setzen und der muss zwangsläufig von dir ausgehen. Schüler*innen haben damit keine Erfahrung und vielleicht wollen sie auch nicht aufsässig wirken, weil sie sich Ruhe ausbitten. Es müssen nicht alle anderen erstarren, aber laute Musik oder ähnliche Störungen müssen auch nicht sein. Solche Dinge kann man ganz friedlich vor der Aufnahme des Unterrichts besprechen und dann kann es auch schon losgehen.

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Helikopter Eltern

Kennst du das Phänomen der Helikopter oder – noch schlimmer – der Rasenmäher Eltern? Solche Eltern überwachen ihre Kinder auf Schritt und Tritt und dabei natürlich auch gleich alle, die mit dem Kind zu tun haben. Im zweiten Fall mähen sie den Kindern alle möglichen „Stolperfallen“ aus dem Weg.

Solche Eltern – sagen wir es, wie es nun mal ist – können für Musiklehrpersonen zu einer echten Herausforderung werden.


Es ist überhaupt kein Problem, wenn die Eltern oder zumindest ein Elternteil anwesend sein möchte. Denn je nachdem, wie alt das Kind ist, kann es sein, dass der Elternteil Sicherheit vermittelt und sich merken kann, welche Hinweise du als Musiklehrperson gegeben hast. Was aber definitiv ein No Go ist, sind Eltern, die ständig hineinreden wollen. Die, sobald du etwas kritisierst – was als Musiklehrperson nun einmal vorkommen wird – direkt die Diskussion anfangen, warum du Schuld bist, dass das Kind das so und nicht anders gemacht hat. Die deinen Tonfall kritisieren und jedes Gespräch mit dem Kind zu einem Ding der Unmöglichkeit werden lassen.


Vergiss nicht: Du bist die Musiklehrperson. Diese Eltern haben bei Vertragsschluss akzeptiert, dass du das Fachwissen und die Expertise hast. Daran kannst du höflich, aber durchaus bestimmt erinnern. Suche dafür das Einzelgespräch – so etwas gehört nicht in die Ohren des Lernenden. Mache klar, dass dieses Verhalten dem Unterricht wirklich im Wege steht und keine gute Atmosphäre für das Kind hergibt. Ausserdem fühlst natürlich du als Lehrperson dich in deiner Autorität untergraben. Bleib im Gespräch immer bei dir und dem Kind. Geh nicht in den Angriffsmodus über – auch dann nicht, wenn die Eltern ihr Verhalten rechtfertigen. Das ist nicht unüblich und falls es zu keiner Einigung kommt, musst du den Vertrag kündigen.


In den allermeisten Fällen sind sich Eltern ihres Verhaltens aber nicht bewusst. Kindergärten und Schulen haben hier nur einen sehr begrenzten Handlungsspielraum. Bei dir als selbstständiger Musiklehrperson sieht das schon anders aus. Du setzt den Rahmen und sorgst für dessen Einhaltung.

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Nachbarn

Erkundige dich vor der Aufnahme des Heimunterrichts über mögliche Nachbarn. In einem Hochhaus kann so ein Musikunterricht schon einmal schwierig werden. Ein freistehendes Einfamilienhaus hingegen ist kein Problem. Aber zwischen diesen beiden Extremen gibt es so viele Varianten und es sollte von Anfang an klar sein, dass du mit deinem Unterricht keinen jahrelangen Nachbarschaftsstreit anzetteln möchtest. Solange hier alles geklärt ist – beispielsweise weil alle Nachbarn zu deinen Unterrichtszeiten ohnehin zur Arbeit aus dem Haus sind, kann es losgehen.

Kulturelle Gepflogenheiten

Andere Länder, andere Sitten – das weiss schon der Volksmund zu zitieren. An dieser Stelle soll es keineswegs darum gehen, dass du dich bestimmten Sitten unterordnen musst. Es geht hier um die Kleinigkeiten, die das Zusammenleben angenehm machen. Besprich solche Dinge offen: Gibt es Gepflogenheiten, die du selbst einhalten möchtest, bei denen du dich äusserst unwohl fühlen würdest, wenn du das ändern müsstest? Könnt ihr dafür gemeinsam einen Weg finden? Gibt es Gepflogenheiten, die der Kultur der unterrichteten Familie angehören, von denen du wissen solltest? Es gibt beispielsweise Kulturen, in denen es üblich ist, beim Eintreffen eines Gastes gemeinsam einen Tee oder einen Kaffee / Mokka zu trinken. Hier wird es als extremer Affront angesehen, wenn du das ablehnst.


Natürlich musst du nicht bei jedem Unterrichteten ganze Mahlzeiten einnehmen, aber wenn es um das Gefühl der Geselligkeit geht und um das Erweisen von Respekt, solltest du dich erkundigen. Dann gibt es auch Kulturen, in denen es unüblich ist, mit Schuhen im Haus oder der Wohnung unterwegs zu sein. Dann kannst du auf Hausschuhe umsteigen und kannst somit deinen Respekt vor der Kultur erweisen.


Der Bereich der kulturellen Unterschiede ist ein weites Feld und so ging es an dieser Stelle lediglich darum, deinen Blick auch auf dieses Thema zu lenken. Am besten besprichst du dich mit den Eltern des unterrichteten Kindes oder mit dem Unterrichteten selbst. Durch Gespräche können Missverständnisse verhindert werden.

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Sicherheit und Integrität der Lehrperson

Auch du als Lehrperson hast das Recht auf Sicherheit. Beobachte also in der Unterrichtssituation, ob du dich zu jedem Zeitpunkt sicher fühlst. Als Frau könntest du dich von einem männlichen Familienmitglied bedrängt fühlen. Aber auch als Mann kannst du in unangenehme Situationen kommen. Vielleicht kommt es dir etwas paranoid vor, aber bei deinem ersten Unterricht kannst du jemanden aus deinem Umfeld verständigen, wo und in welchem Zeitraum du dich aufhalten wirst. Teile auch mit, bei wem du unterrichten wirst. Dieses Verhalten solltest du auch auf Dauer beibehalten, denn lieber bist du einmal zuviel vorsichtig, als dass du es im Nachhinein bereuen müsstest.


Vor Aufnahme des Unterrichts bekommst du vielleicht nicht mit, dass eine aggressive Stimmung herrscht und dass es bei der kleinsten Unstimmigkeit heftig wird. Sorge hier für deine Sicherheit und falls es gar nicht geht, brich den Unterricht an der Stelle ab. Dann müsst ihr in einem gemeinsamen Gespräch eine Lösung finden oder du brichst das Unterrichtsverhältnis komplett ab. Beim Thema Sicherheit und Integrität geht es mehr als in jedem anderen Bereich vor allen Dingen um die Körpersprache, die du gut im Blick haben solltest. Natürlich solltest du dich selbst zu jedem Zeitpunkt professionell verhalten. Achte aber auch darauf, dass du eine gewisse professionelle Distanz beibehältst.

Feedback an Schüler*in, wenn etwas nicht passt

Wenn du mit Menschen arbeitest, kann es zu Missverständnissen kommen. Und natürlich können auch Dinge auftreten, die (dir) einfach nicht passen. Was solltest du dann tun? Wie bei vielen anderen Problemen gilt: Wenn du sprechen kannst, kann dir geholfen werden. Natürlich solltest du nicht beim ersten Blick, der dir nicht so gut gefiel, ein Riesenfass aufmachen. Aber wenn du ein Verhalten bemerkst, dass dich nachhaltig stört, ist es dein gutes Recht, das auch anzusprechen. Im besten Fall war es keine Absicht und lässt sich durch ein Gespräch aufklären. In der Zukunft kommt es dann einfach nicht mehr vor.


Vielleicht gibt es auch kulturelle Unterschiede, von denen du nichts wusstest. Auch das lässt sich sicher mit einem Gespräch aufklären. Was auch immer passiert ist – bleib in deinem Gespräch ruhig und sachlich. Kündige auch an, dass du dir ein Gespräch wünschst. Warte damit nicht, bis du einmal platzt und dann vielleicht viel zu heftig reagierst. Beobachte die Situation. Bleibt sie bestehen? Wird sie vielleicht sogar schlimmer? Dann ist ein Gespräch an der Reihe. Mache dafür eine Zeit aus – idealerweise im Umfeld des Unterrichts, sonst fühlt sich dein Gegenüber unnötig vorgeladen.

Schildere die Situation aus deiner Sicht und erbitte Feedback dazu. Dann habt ihr eine Gesprächsgrundlage und könnt euch gemeinsam auf die Lösungssuche machen. Es geht nicht darum, jemanden anzuklagen. Es geht hier ausschliesslich darum, unangenehme Situationen für die Zukunft zu vermeiden.


Keine Sorge – mit der Zeit gewinnst du immer mehr an Erfahrung und bist dir bewusst, wie du dich noch besser schützen kannst. Dann kommen die unpassenden Momente auch seltener vor und natürlich weisst du, wie du dann immer besser damit umgehen kannst, ohne dass etwas eskaliert.

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Anfahrtsweg und Kosten

Wenn du Heimunterricht anbieten möchtest, ziehst du dadurch, wie gesagt, eine eher zahlungskräftige Kundschaft an. Das alles sollte aber natürlich auch in einem sinnvollen Rahmen stattfinden. Denn je weiter du fährst, desto mehr musst du dafür berechnen und es kostet auch deine Zeit.


Tipp: Überlege dir einen gewissen Radius, in dem du dich bewegen möchtest. In diesem Radius gibt es eine bestimmte Anfahrtspauschale. Dann musst du nicht einzelne Kilometer aufrechnen und du erstickst Diskussionen um deine Fahrtroute im Keim. Überlege dir, wie du mit Anfragen ausserhalb dieses Radius umgehen willst. Willst du das auch anbieten und welchen Preis willst du dann dafür aufrufen?

Bedenke: Egal, mit welchem Verkehrsmittel du unterwegs bist – es ist Aufwand. Es bedeutet aber auch Verschleiss an deinem Verkehrsmittel, unter Umständen Sprit und eben alle Kosten, die im Umfeld eines motorisierten Fahrzeugs auftreten. Diese müssen mit dem Heimunterricht anteilig abgedeckt sein. Denn du möchtest ja nicht für den Unterricht draufzahlen.


Die Frage, ob du Heimunterricht anbieten möchtest, ist eine sehr persönliche und du solltest es dir gut überlegen. Es gibt, wie du jetzt gesehen hast, Vor- und Nachteile. Wenn du dazu Fragen hast, kannst du auch gerne Kontakt zu unseren erfahrenen Lehrpersonen aufnehmen.

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